Vor ein paar Wochen berichtete ich von meinem Aufenthalt in der Parkinson Tagesklinik des Universitätsklinikums Eppendorf (UKE) in Hamburg. Dort lernte ich Frau Dr. Tina Mainka kennen, die als Assistenzärztin das Programm intensiv begleitet.

Da ich gerne etwas mehr über die Entstehung und Organisation der Tagesklinik erfahren wollte und mir vorstellen kann, dass es für euch auch interessant ist, bat ich Frau Dr. Mainka um ein Interview. Ich freue mich sehr, dass sie sich Zeit dafür genommen hat.








Frau Dr. Mainka, ich fange mit einer einfachen Frage an: Wie beginnen Sie einen ganz normalen Tag?
Meine Lieblingsmusik geht an und weckt mich. Dann dusche ich, ziehe mich an und mache einen Spaziergang zur Arbeit.

Das klingt nach einem sehr entspannten Start in den Tag. Sie haben sich ursprünglich auf Schmerztherapie spezialisiert, wie kommt es, dass sie sich jetzt mit Morbus Parkinson beschäftigen?
Das mag seltsam klingen, aber der Kontakt zu Morbus Parkinson kommt häufig bei Neurologen in der Ausbildung relativ selten oder nur oberflächlich vor. Meine erste Begegnung mit Menschen mit Parkinson gestaltete sich deshalb etwas holperig. In der Notaufnahme hat man selten genügend Zeit, um sich intensiv mit den Patienten zu beschäftigen und damit ein Verständnis für diese Erkrankung zu entwickeln. Die Probleme eines Menschen mit Parkinson erscheinen auf den ersten Blick gar nicht wichtig bzw. drastisch genug, um ein Fall für die Notaufnahme zu sein. Das relativiert sich erst mit der Zeit.

Ich habe eine Kollegin, Frau Dr. Fründt, die gemeinsam mit Herrn Dr. Buhmann diese Parkinson Tagesklinik aufgebaut hat und immer wieder sehr begeistert von der Arbeit mit Parkinsonpatienten erzählt hatte. Sie fragte mich, ob ich Lust hätte, in das Projekt mit einzusteigen. Da ich immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen bin und mir vorstellen konnte, in diesem Bereich viel lernen zu können, ging ich auf ihr Angebot ein. Außerdem: So viel Enthusiasmus ist einfach ansteckend!

Was ist Ihr persönlicher Eindruck von der Tagesklinik?
Die Parkinson Tagesklinik basiert meiner Meinung nach auf einem guten Konzept. Die Patienten werden sehr engmaschig begleitet. Das gibt uns die Möglichkeit, ihr individuelles Krankheitsbild besser zu verstehen und ihnen so optimal wie möglich helfen zu können. Wir möchten die Patienten soweit unterstützen, dass sie nach den drei Wochen in der Tagesklinik ihren Alltag besser bewältigen können und einen guten Übergang von der Klinik zum normalen Leben schaffen. Dieser Übergang ist in der Regel nach Klinikaufenthalten ein sehr kritischer Punkt, da sich die Patienten plötzlich in einer ganz anderen Situation und Umgebung wiederfinden. Toll wäre es, wenn wir eine gewisse Zeit nach dem Klinikaufenthalt noch mal nach den Patienten schauen könnten, ob alles weiterhin gut läuft oder noch nachgebessert werden sollte. In diesem Zusammenhang ist gerade der Austausch mit den betreuenden niedergelassenen Ärzten sehr wichtig, das sollten wir weiter optimieren.

Generell habe ich den Eindruck, dass hier ein gutes Behandlungskonzept auf die Beine gestellt wurde. Das zeigt auch das Feedback der Patienten, das für den weiteren Verlauf des Programms sehr wichtig ist. Wir nehmen die Vorschläge der Patienten ernst und versuchen Verbesserungsvorschläge umzusetzen.

Das Universitätsklinikum ist ja ein riesiger Betrieb mit rund 10.000 Mitarbeitern. Das Team der Parkinson Tagesklinik wirkt dagegen winzig, familiär und lässt die Patienten den sterilen Krankenhauscharakter des Klinikums fast vergessen. Woran liegt das?
Zunächst liegt es natürlich daran, dass wir ein sehr kleines Team sind. Der Kern besteht aus Dr. Buhmann als Leiter der Tagesklinik, zwei Assistenzärztinnen, zwei Parkinson Nurses und einer medizinischen Fachangestellten. Dazu kommen noch die Therapeuten für die Begleittherapien (Physio-, Ergotherapeuten, Logopäden etc.). Wir verstehen uns alle sehr gut und ziehen gemeinsam an einem Strang. Wir verfolgen das gleiche Ziel und nehmen deshalb auch gerne die Kritik unserer Kollegen an. Wir lernen auch sehr viel voneinander und wenn spezielle Fragen aufkommen, können wir auf das Wissen weiterer Ärzte im Haus zurückgreifen, die Erfahrung mit Parkinson haben.
Das Konzept dieser Parkinson Tagesklinik ist sehr neu. Das Programm startete ja erst im Mai 2016.

Wie ist die Idee für die Tagesklinik entstanden?
Dr. Buhmann hat bei seiner Tätigkeit im ambulanten Bereich die Lücke zwischen der ambulanten Behandlung von Parkinson Patienten und der stationären Parkinson-Komplexbehandlung gesehen, die er gerne schließen wollte. Die Komplexbehandlung ist in der Regel nichts für Patienten, die recht mobil sind, voll im Berufsleben stehen und verständlicherweise einfach kein Interesse an einem zweiwöchigen Krankenhausaufenthalt haben. Vor allem Patienten, die eine Tiefen Hirnstimulation bekommen haben, brauchen viel Zeit für die Optimierung der Stimulatoreinstellungen. Mit diesem Konzept sollen also Patienten angesprochen werden bei denen es zwar Verbesserungsbedarf gibt, wobei dies zu komplex für einen kurzen ambulanten Besuch beim Arzt und die Patienten die Möglichkeit nutzen wollen die Veränderungen im häuslichen Umfeld auszutesten anstatt in der Klinikumgebung, wie es bei der Parkinson-Komplexbehandlung der Fall wäre.

Welche Rolle spielen die Angehörigen für das Konzept?
Wenn uns klar wird, dass der Patient seine Situation selbst nicht so gut einschätzen kann oder Probleme hat, seine Defizite zu beschreiben, befragen wir auch die Angehörigen. Im Einzelfall nehmen sie zum Beispiel auch an der sozialen Beratung oder an der Ergotherapie teil. Natürlich können die Angehörigen auch mitkommen, wenn spezielle Fragen bestehen. Häufig haben wir auch telefonischen Kontakt mit den Angehörigen, wenn diese aufgrund von Arbeit oder eigener Gebrechlichkeit nicht in der Tagesklinik anwesend sein können.

Welchen Stellenwert haben aus Ihrer Sicht die Begleittherapien?
Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Es ist für Parkinsonpatienten besonders wichtig aktiv zu sein und zu bleiben. Sport in vielfältigen Formen leistet einen entscheidenden Beitrag zur Beweglichkeit und zur Stimmung der Patienten. Außerdem ist die Integration in die Sportgruppe und der soziale Kontakt zu anderen Parkinsonpatienten sehr wichtig, denn leider bleiben viele Patienten lieber für sich. Auf den einzelnen Patienten abgestimmt muss auch über Logopädie zur Verbesserung des Sprechens und Schluckens sowie Ergotherapie zur Verbesserung der Feinmotorik nachgedacht werden.

Letzte Frage: Wie erklären Sie jemandem, der noch nie davon gehört hat, was Parkinson ist?
Parkinson ist eine Erkrankung des Nervensystems, die vorrangig zu einer Beeinträchtigung der Beweglichkeit führt, sich aber auch mit anderen Symptomen äußert: Zum Beispiel schlechte Stimmung, Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, usw. Wahrscheinlich würden Patienten den Parkinson anders beschreiben, vielleicht eher als so etwas wie ein schwerer Schatten, der dem Patienten ständig folgt.

Lieben Dank für das Interview, Frau Dr. Mainka!